Vortrag anlässlich einer Seminarveranstaltung
zum Thema der spanischen Erbschafts-steuer und international
intelligenter Vermögensdispositionen, Finca "Son
Baulo", November 1999
Der Anzug muss passen. Diese schlichte Erkenntnis aus dem
Alltagsleben hat gleichermassen ihre Gültigkeit für
die Vermögensnachfolgeplanung unter den Generationen.
Eine durchdachte Nachfolgeregelung schafft ein Mehr an
Lebensqualität für beide Generationen; für
den Verheirateten oder nicht verheirateten Lebenspartner
eine gegenseitige Absicherung. Das zeitliche Hinausschieben
einer Regelung schafft Probleme, sowohl zu eigenen Lebzeiten
wie auch für die Folgegeneration.
Angezeigt ist es deshalb, rechtzeitig Lösungen auf
den Weg zu bringen. Das typische Bild von über die
Jahre hinweg zerstrittenen Erbengemeinschaften, die damit
schrittweise das gesamte übergebene Vermögen vernichten,
ist in der Praxis leider eine häufige Realität.
Besonderheiten bei Vermögenswerten in Spanien
Wer als Deutscher vererbt, unterliegt dem deutschen
Erbrecht, aber zugleich mit allen in Spanien gelegenen Vermögensgegenständen
dem spanischen Erbschaftssteuerrecht.
Formell gesehen eröffnet ein internationales Abkommen
die Möglichkeit, das Testament sowohl in den im Aufenthaltsland
Spanien, wie auch in den im Staatsangehörigkeitsland
Deutschland vorgesehenen Formen abzufassen.
Das Überschneiden beider Rechtssysteme unter Berücksichtigung
typischer Lebenssituationen ganz oder teilweise auf Mallorca
lebender Deutscher, führt zu besonderen Rechtsgestaltungen
und Lösungswegen.
Theorie und Praxis stehen nicht immer im Einklang.
Nachdem für deutsche Vererber massgeblichen deutschen
Erbrecht bedarf es keiner Erbschaftsannahme. Der Erbe tritt
automatisch mit dem Versterben des Vererbers in dessen Rechtsposition
ein. Das spanische Erbrecht erfordert hingegen oft die ausdrückliche
Erbschaftsannahme durch den Erben als Voraussetzung für
dessen Rechtsnachfolge.
Geht eine Immobilie in Spanien im Erbwege beispielsweise
vom deutschen Vater auf den Sohn über, so bedarf es
in der Theorie wegen der Anwendung des deutschen Erbrechts
keiner Erbschaftsannahme. In der Praxis verweigert jedoch
jedes spanische Grundbuchamt, Registro de la Propiedad,
die Eintragung des Sohnes als Rechtsnachfolger in das Grundbuch,
ohne dass dieser in Spanien zuvor eine Erbschaftsannahmeerklärung
abgegeben hat.
Vor der Alternative stehend, mit aufwendigen deutschen
Rechtsgutachten eine Eintragung ins Grundbuch ohne vorherige
Erbschaftsannahme durchzusetzen, oder ergänzend noch
in Spanien eine Erbschaftsannahmeerklärung abzugeben,
wird regelmässig der letztere Weg zu empfehlen sein.
Die spanische Erbschaftssteuer verjähren lassen
ein gangbarer Weg?
In diesem Jahr wurde der Verjährungszeitraum der
spanischen Erbschaftssteuer von vormals 5 ½ Jahren
auf nunmehr 4 ½ Jahre verkürzt. Die spanische
Erbschaftssteuer ist durchweg höher als die deutsche.
Für Kinder und für Ehegatten gibt es lediglich
Erbschaftssteuerfreibeträge von ca. 30.000 DM. Für
in Deutschland gelegene Vermögensgegenstände ist
der entsprechende Freibetrag um das 13-fache, bzw. 20-fache
höher. So gelangt man häufig zu Erbschaftssteuersätzen
von 20 % bei nächsten Verwandten und 40 % beim nichtehelichen
Lebensgefährten. Der spanische Spitzensteuersatz liegt
bei 81 %. Dies lässt die Überlegung aufkommen,
statt der deutschen Immobilie die spanische mit einer wertmindernden
Hypothek zu belasten, das Vermögen nach Deutschland
zurückzuverlagern oder schlichtweg die spanische Erbschaftssteuer
verjähren zu lassen.
Legal ist letzteres natürlich nicht, allerdings in
der mallorquinischen Tradition ebenso verankert, wie die
bekannte Unterverbriefung des tatsächlichen Wertes
bei Grundstückskaufverträgen. Ist der Verjährungszeitraum
abgelaufen, sind keine Steuerstrafzuschläge mehr zu
zahlen. Diese fallen in erheblichem Umfange dann an, wenn
das Versterben des Vererbers vor Ablauf der Verjährungszeit
der Steuerbehörde bekannt wird. Ist eine zeitnahe Veräusserung
der Spanienimmobilie an einen familienfremden Dritten vorgesehen,
so scheidet die Möglichkeit des Verjährenslassens
der Erbschaftssteuer schon deshalb aus, weil die Grundbucheintragung
des dritten Erwerbers ohne Voreintragung des Erben nicht
erfolgen kann.
Der Generationensprung als mögliche Lösung:
" Nutzungsrechte für den Ehegatten, Kinder oder
Enkel als Erben"
Vor dem in Deutschland ehemals und jetzt wieder so beliebten,
sogenannten "Berliner Testament" sei nachhaltig
gewarnt. Dies jedenfalls dann, wenn eine Familie über
grössere Vermögenswerte in Spanien verfügt.
Beim Berliner Testament beerben sich die Eheleute
zunächst gegenseitig und setzen ihre Kinder als Schlusserben
ein. Diese mehrfache erbrechtliche Vermögensübertragung
führt leicht zu einer erbschaftssteuerlichen Katastrophe
betreffend das in Spanien gelegene Vermögen. Die Alternative
geht nun dahin, dem Ehegatten das persönliche Nutzungsrecht,
wie etwa das lebenslängliche Niessbrauchsrecht an der
Finca einzuräumen, den erbrechtlichen Übergang
jedoch direkt an die nachfolgende Generation zu bewirken.
Früherer Ehegatte und aktueller Lebensgefährte
Welche erbrechtlichen Ansprüche stehen diesem zu?
Kurz gefasst: keine, ausser er wurde ausdrücklich
im Testament als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt.
Ein Ehegatte verliert nach deutschen Erbrecht mit der Scheidung
sein vorheriges gesetzliches Ehegattenerbrecht. Der exakt
massgebliche Zeitpunkt ist die Zustellung des Scheidungsantrages,
wenn zu diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Scheidungsvoraussetzungen
bereits gegeben sind. Regelmässig ist dies dann der
Fall, wenn die Ehegatten bereits mindestens 1 Jahr getrennt
leben. Heute auszuziehen und morgen die Enterbung des Ehegatten
zu erreichen, so schnell geht es dann doch nicht.
Wollen sich nichteheliche Lebenspartner gegenseitig erbrechtlich
bedenken, ist in jedem Fall ein Testament oder ein Erbvertrag
erforderlich. Der neue Lebensgefährte kann übrigens
heute auch bei Fortdauern der Ehe rechtswirksam als Erbe
oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden. Frühere
Richtergenerationen in der Nachkriegszeit hatten einer solchen
testamentarischen Einsetzung des Lebensgefährten wegen
"Sittenwidrigkeit" noch die rechtliche Anerkennung
versagt. Die darin zum Ausdruck gekommenen Moralvorstellungen
dieser früheren Richtergeneration sind heutzutage in
der Rechtspraxis überholt und finden keine Anwendung
mehr.
Enterben von Pflichtteilsberechtigten
Pflichtteilsberechtigt sind Ehegatten, Kinder und ersatzweise
deren Kinder, also die Enkel. Verstirbt jemand ohne Kinder,
so werden auch die Eltern zu Pflichtteilsberechtigten. Ist
der Kontakt zu einem Teil der Angehörigen, wie hier
im Zuge eines Auslandswohnsitzes auf Mallorca häufig
der Fall, nicht mehr vorhanden, so soll gegebenenfalls ein
Kind oder ein Enkel weder den Erbteil noch den Pflichtteil
erhalten. Der Pflichtteil ist ein schuldrechtlicher Auszahlungsanspruch
auf den Wert der Hälfte des Erbteils bei gesetzlicher
Erbfolge, der im übrigen sofort mit Eintritt des Todesfalles
fällig wird. Letzteres führt nicht selten zu Liquidiationsproblemen
des Erben und in der Konsequenz zu Finca-Notverkäufen.
Die Reduzierung des gesetzlichen Erbteils auf den Pflichtteil
ist einfach per Testament möglich.
Für den Entzug auch des Pflichtteils müssen
jedoch besondere, gesetzlich fixierte Gründe vorliegen.
Pflichtteilsberechtigten Kindern und Enkeln kann dieses
Pflichtteilsrecht unter anderem dann entzogen werden, wenn
sie den Vererber oder dessen Ehegatten vorsätzlich
körperlich misshandelt haben. Weiterhin sieht das Gesetz
die Möglichkeit eines Pflichtteilsentzuges dann vor,
wenn der Abkömmling einen ehrlosen
oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers
führt. Dies ist der in der Praxis problematischste
gesetzliche Entziehungsgrund, da hierbei die verschiedensten
tatsächlichen Geschehnisse einer komplexen rechtlichen
Würdigung unterzogen werden müssen.
Stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein Vererber durch
Täuschung oder auf sonstige Weise zielgerichtet bei
der freien Abfassung seiner letztwilligen Verfügung
behindert worden ist, so kann nachträglich durch Anfechtung
auch die Erbunwürdigkeit des Handelnden geltend gemacht
werden.
Eine Möglichkeit, den Pflichtteilsanspruch bestimmter
Personen faktisch entfallen zu lassen, besteht zudem darin,
durch frühzeitige lebzeitige Vermögensübergabe
das eigene Vermögen zu reduzieren. Wer im Zeitpunkt
des Versterbens vermögenslos ist oder nur über
persönliche Nutzungsrechte, wie ein lebenslängliches
Niessbrauchsrecht einer Finca verfügt, dessen Nachlass
jedenfalls dann kann keinem Pflichtteilsanspruch mehr ausgesetzt
sein, wenn die früheren Vermögenswerte nicht verschenkt
wurden und die persönlichen Nutzungsrechte entgeltlich
erworben wurden.
Schutz des Erben vor dem Verlust des übertragenen
Vermögens
Die Rechtsfigur der Übertragung von persönlichen
Nutzungsrechten kann auch zielgerichtet dafür eingesetzt
werden, um einem vorgesehenen Überschuldeten, oder
wegen Alkohol- oder sonstigen Suchtproblemen Gefährdeten
gleichwohl Vermögenswerte zukommen zu lassen, ohne
dass diese durch Gläubigerzugriff oder mangels der
Fähigkeit des Erben zur geordneten Vermögensverwaltung
wieder verloren gehen.
Kombination von lebzeitigen und erbrechtlichen Vermögensübertragungen
Die adäquate Vermögensnachfolgeregelung besteht
regelmässig in einer Kombination von lebzeitigen und
erbrechtlichen Vermögensübertragungen. Zur Erreichung
des jeweils gewünschten Zieles werden hierbei häufig
entsprechende Vollmachten zu erteilen sein.
Mit derartigen Kombinationen lässt sich auch die auf
Mallorca häufige Problemstellung bewältigen:"grösseres
Vermögen, aber nur beschränkte Renteneinkünfte".
Es fehlt dann im Alter an ausreichender Liquidität.
Bei derartigen Konstellationen kann durch erbvertragliche
Regelungen per Vorauszahlung auf später im Erbwege
zu übertragende Vermögensgegenstände die
Liquidität entsprechend aufgestockt werden.
Der richige Zeitpunkt für erbrechtliche Regelungen
Die allgemeine Empfehlung geht dahin, die erbrechtliche
Regelung jedenfalls in der Zeit bis zum 60. Lebensjahr unter
Dach und Fach zu bringen. Im Hinblick auf die hohe spanische
Erbschaftssteuer sind erbrechtliche Gesichtspunkte allerdings
regelmässig bereits bei bzw. vor der Vornahme grösserer
Investitionen in Spanien, insbesondere beim Immobilienerb,
mit zu berücksichtigen. Ein Erbrechts-Check ist also
schon zu diesem Zeitpunkt angezeigt. Bei nichtehelichen
Lebensgemeinschaften ist eine erbrechtliche Regelung ebenfalls
frühzeitig erforderlich. Gleiches gilt dann, wenn durch
Zweitheirat oder Heirat der Kinder Vermögenswerte ohne
Regelung, d. h. per Anwendung der gesetzlichen Erbfolge,
in angeheiratete Familien übergehen können und
dies vom Vermögensinhaber so nicht gewünscht ist.